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  • AutorenbildIsrael Reiseleiter

Die deutsche „American Colony“ in Jaffa

Aktualisiert: 25. Juni 2023

Klein, aber fein, präsentiert sich heute das historische Viertel der „American Colony“ und der Deutschen Templer entlang der Auerbach und Beer-Hoffmann Straßen in Jaffa.

Im September 1866 kamen 157 evangelikale Christen der „Messiah’s Church“ aus Maine per Schiff nach Jaffa um eine amerikanische Kolonie aufzubauen. Geleitet vom charismatischen Prediger Georg Adams, wollten sie hier im Heiligen Land eine landwirtschaftliche Siedlung gründen. Sie glaubten, dass durch eine solche Kolonie das Wiederkommen Christus und die Erlösung schneller kommen würde.

Die Amerikaner brachten mit sich vorgefertigte Holzhäuser, Möbel, Kleidung und alle Dinge des täglichen Bedarfs per Schiff. Sie hatten mit reichlich osmanischer Bürokratie zu kämpfen und mussten zuerst in Zelten am Strand von Jaffa wohnen. Auch waren die Kolonisten nicht auf das Klima und die hiesigen Krankheiten vorbereitet, und einige verstarben an Malaria und Cholera innerhalb weniger Wochen nach Ankunft. Trotzdem, bis zum Jahresende standen 10 Häuser, genannt „Mount Hope“.

Ihre Missionsversuche an den Moslems scheiterten kläglich und führten zu Übergriffen der Araber, und die Siedlung wurde ummauert und nachts geschlossen. Sie wussten zu beten, aber nicht, wie man einen Bauernhof und eine Gemeinde führt, und sie verarmten sehr schnell. Georg Adams war inzwischen zum Alkoholiker geworden und entwendete das Geld der Siedler aus dem Fond. Der jüdische Philanthrop Moses Montifiori aus London vermietete an die Amerikaner Zitrusplantagen in Jaffa damit sie einen Lebensunterhalt hatten. Im Sommer 1867 realisierten die Kolonisten, dass ihre sehr mageren landwirtschaftlichen Ernten nicht zum Überleben reichen würden und ihre Situation wurde aussichtslos.


Zusammen mit einer Gruppe wohlhabender amerikanischer Touristen besuchte Mark Twain die Siedlung im Herbst. Er beschrieb in seinem Buch „Die Arglosen im Ausland“ die letzten miesen Tage der amerikanischen Siedler als ein „komplettes Fiasko“, und bezahlte die Schiffspassage für die Letzten zurück in die USA.

Der Missionar Peter Martin Metzler aus Thüringen siedelte in Jaffa, und für seine Chrischona-Mission kaufte er den Besitz der Amerikaner auf. Allerdings ging Metzler kurze Zeit später nach Russland um dort die Ländereien des Baron Plato von Ustinov zu managen. Somit verkaufte er seinen Besitz in Jaffa 1869 an den Gründervater der deutschen Templer, Christoph Hoffmann aus der Haifa Kolonie, der dann in Jaffa eine neue Siedlung aufbaute. Da zu den Gebäuden auch das Hotel Jerusalem, ein Krankenhaus mit Apotheke, sowie eine Dampfmühle gehörten, konnten die Templer Service für die Einheimischen und Pilger anbieten. Und gut ein Jahr später lebten hier bereits 110 Templer.


Eine der schrillsten Figuren war Baron Plato von Ustinov, ein ehemaliger russischer Offizier. Er verkaufte seinen Besitz, konvertierte zur evangelischen Kirche, und schloss sich den Templern in Württemberg an, und siedelte hier in Jaffa im Jahr 1878. Kurz nach seiner Ankunft ließ Ustinov sich scheiden und heiratete eine äthiopisch-deutsch-jüdische Hofdame. Sein Sohn Jona war Pilot und kämpfte im Auftrag der Deutschen im Ersten Weltkrieg, wurde aber abgeschossen. Baron von Ustinovs Enkel wurde der britische Schauspieler Peter Ustinov.


Jaffa war damals der wichtigste Hafen Palästinas und fast alle Pilger ließen sich in Jaffa ausschiffen, um ihre Reise ins Landesinnere fortzusetzen. Daher waren die Kutschenfahrten vom Hafen Jaffa vor allem nach Jerusalem, und Transporte von Obst aus den eigenen Plantagen zum Hafen wichtige Einnahmequellen. Wie rentabel die Personentransporte waren, zeigt die Tatsache, dass man 1875 eine eigene Gesellschaft für die Personenbeförderung gründete. Diese Gesellschaft schloss noch im selben Jahr einen Vertrag mit der Reise-Agentur Thomas Cook ab. Danach sollten die Templer alle Fahrten für Cook durchführen. Mit der Ausweitung des Transportwesens erlebten auch Wagenbau und Wagenreparatur einen Aufschwung.


Das Norton Haus, Auerbach 4

Eines der ersten Häuser, abgebaut in Maine und wieder errichtet in Jaffa, war das Haus von Captain Ackley Norton, seiner Frau und ihren 5 Kindern. Heute gehört das Gebäude mit zum Drisco Hotel daneben.

Jerusalem Hotel, Auerbach 6

Die Drisco Brüder hatten keine Lust auf Landwirtschaft, und erbauten aus Stein (im Gegensatz zu den Holzhäusern) ein Hotel und nannten es „Le Grand Hotel“. Da sie nicht rechtzeitig fertig wurden für die Ostersaison, gingen sie Pleite. Der Missionar Metzler übernahm es als Missionshaus, und vom Erlös bezahlten die Drisco Brüder ihr Ticket zurück nach Amerika.

1870 kaufte der Templer Ernst Hardegg das Gebäude, und das Hotel wurde erweitert auf 24 Zimmer, jedes benannt nach einer biblischen Persönlichkeit. Die Fassade symbolisierte eine Stadtmauer und über dem Eingang steht auf Deutsch und Englisch das Bibelzitat nach Jesaja 60:18 „Deine Tore sollen Heil heißen“. Hardegg setzte auch auf die Gäste aus Übersee, und somit wurde ein amerikanisches Frühstück serviert. Die Wände wurden mit deutschen und englischen Trinksprüchen und Motiven, sowie dem bayerischen Löwen, dekoriert.

Nun wurde es Jerusalem Hotel genannt. Einer der Gäste war Sir Charles Warren, der britische Archäologe der unter anderem Tel Jericho ausgegraben hat, und den „Warren’s Shaft“ in der Davidstadt in Jerusalem entdeckte. Aber auch Thomas Cook übernachtete hier und handelte Verträge für die Reisen ins Heilige Land aus.

Heute ist es das Hauptgebäude des noblen Drisco Hotels, mit seinem erstklassigen Restaurant John & George – in Erinnerung an die beiden Brüder.


Park Hotel, Beer-Hofmann 14/Ecke Auerbach 8

Vier amerikanische Kolonisten Familien erbauten das Gebäude, aber verkauften es dann an die Templer. Denen diente es als Tempelstift – das Verwaltungsgebäude der Templergesellschaft. Nachdem das Hauptquartier nach Jerusalem verlegt wurde, kaufte Baron Plato von Ustinov es, erhöhte es um ein Stockwerk und machte es zu seiner Residenz. Er setzte exotische Pflanzen und Bäume in den Garten, samt Käfigen mit Affen und Papageien, und ein Antiquitäten Museum wurde im Haus eröffnet.


Im Jahr 1895 wandelte Ustinov sein Haus in das luxuseröse Park Hotel um. Hier übernachteten unter anderem Kaiser Wilhelm 1898, und der Zionistenführer und Wegbereiter der Stadt Tel Aviv, Arthur Ruppin. Zu Beginn bildete das Hotel eine wesentliche Einnahmequelle der Templer zu Jaffa. Das Hotel der Templer wurde erweitert und ein Kaufhaus errichtet, in dem u.a. wohlhabende Araber einkauften.

Ustinov wurde als Russe mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 deportiert. In der britischen Mandatszeit wurde es eine Mädchenschule, und seit 1970 ist es das Immanuel Hostel der Londoner Missionsgesellschaft Church's Ministry among Jewish People (CMJ – der evangelikale Zweig der anglikanischen Kirche.



Maine Friendship House (Wentworth Haus), Auerbach 10

Die Wentworth Familie mit ihren vier kleinen Kindern hatte dies vorgefertigte Holzhaus aus Maine nach Jaffa geschifft. Wie die meisten anderen Siedler verließ auch die Wentworth Familie am 1. Oktober 1867 Jaffa und fuhren mit der Touristengruppe zurück in die USA. Das Haus kaufte die Templerfamilie Frank und erweiterte es um den Anbau aus Stein auf der linken Seite. Zeitweilig war es auch das Frank Hotel.

Nachkommen der Siedler eröffneten hier ein kleines Museum und nennen das Gebäude jetzt Maine Friendship House.



Breich Residenz, Auerbach 8

Die beiden Templer Karl Friedl und Immanuel Breich eröffneten große Geschäfte in Jaffa. Ab 1875 importierten sie rote Dachziegel aus Marseille und ließen damit einen Fußabdruck in der hiesigen Landschaft zurück. Die Villa mit den Bögen war Ihre private Residenz und das prächtigste Haus in der Gegend.


Gemeindehaus, Beer-Hofmann 9

Das Gemeindehaus der Templer wurde in den fünfziger Jahren der Skandinavischen Lutherischen Kirche übergeben, die auch die Immanuel Kirche verwaltet, und es dient als ihr ebenfalls als Gemeindehaus.


Immanuel Kirche, Beer-Hofmann 15

Die Templer bauten in ihren Kolonien keine Kirchen, da Gott keine Prachtbauten verlange und nur das Gebet wichtig sei. Allerdings sah die zweite Generation dies anders, und ein Teil schloss sich wieder der evangelischen Kirche an – genau die, die ihre Eltern verlassen hatten.


Als Kaiser Wilhelm II 1898 das Heilige Land besuchte, wurde er vom Stuttgarter Theologen Friedrich von Braun begleitet. Metzler und Baron von Ustinov spendeten das Grundstück, und von Braun legte den Grundstein für die Kirche. Nach sechs Jahren Bauzeit wurde sie dann 1904 als Deutsche evangelische Kirche von Jaffa eingeweiht. Kaiserin Auguste Viktoria spendete einen Teil der Glocken und die Altarbibel, von Ustinov spendete ein Kruzifix aus Olivenholz. Die Glasfenster stellen biblische Motive im Zusammenhang mit Jaffa dar.

Kurz nach der Staatsgründung Israels wurde das Gebäude der Skandinavischen Lutherischen Kirche übergeben, und in Immanuel Kirche umbenannt.


Floyd Haus, Beer-Hofmann 16/Ecke Amikam Eliyahu

Nicht alle amerikanischen Kolonisten kehrten zurück in die USA, Rolla und Theodosia Floyd blieben in Jaffa. Ihr Sohn starb als Baby gleich nach der Ankunft durch Krankheit, und trotzdem entschieden sie sich zu bleiben. Rolla Floyd wurde ein Reiseleiter und arbeitete für Thomas Cook, und galt als einer der besten Tour Guides im Heiligen Land.


Floyd brachte eine Postkutsche mit modernsten Rädern auf dem Schiff mit nach Jaffa, und wer einmal damit gefahren ist, wollte nichts anderes mehr.

1886 erweiterte man die erste Siedlung um die nördlich gelegene Siedlung Walhalla. Aus der Eisengießerei und Maschinenfabrik der Brüder Wagner wurde eine bedeutende Kleinindustrie. Ein weiterer Industriebetrieb war die Zementfabrikation und Baustoffhandel der Gebrüder Wieland.


Mit dem Fall des Osmanischen Reiches 1917 wurden die Templer von den Briten als feindliche Ausländer interniert und anschließend nach Ägypten deportiert. Einige Jahre später durften sie zurückkehren. In den dreißiger Jahren wendete sich die junge Generation den Nationalsozialisten zu, sie feierten Hitlers Geburtstag, Hakenkreuzfahnen wehten auf den Häusern, und die Hitlerjugend sang „Fahne empor“. Daraufhin deportierte die britische Mandatsmacht die Templer während des Zweiten Weltkriegs als Angehörige einer feindlichen Nation nach Australien und Deutschland.


Wer mehr über die Templer wissen möchte, ist eingeladen meinem Blog Beitrag Tel Aviv: Schwäbische Häuslebauer in Sarona anzuklicken.


Darf ich Sie einladen sich meine Touren Tel Aviv-Jaffa anzusehen?



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