Österreichisches Hospiz in Jerusalem
- Israel Reiseleiter

- 14. Nov.
- 5 Min. Lesezeit
Das Österreichische Hospiz an der Via Dolorosa gilt seit seiner Gründung als ein Stück „Klein-Österreich“ im Trubel Jerusalems – eine kaiserlich-königliche Ruheinsel mit Kaffeehauskultur, Apfelstrudel und dem Charme der Donaumonarchie. Kaum ein anderer Ort verbindet Orient und kaiserlich-königliche Oxident so eindrucksvoll wie dieses traditionsreiche Pilgerhospiz.
Politik & Vorgeschichte
Mitte des 19. Jahrhunderts stieg das europäische Interesse am Heiligen Land spürbar an. Nach dem gemeinschaftlichen Eingreifen Österreichs, Großbritanniens, Preußens und Russlands gegen den ägyptischen Vormarsch wurde das Osmanische Reich stabilisiert – und zahlreiche europäische Konsulate sowie kirchliche Einrichtungen folgten in Jerusalem.
Der österreichische Konsul schlug daraufhin den Bau einer Kirche samt Pilgerhospiz vor, unterstützt wurde er dabei vom Wiener Erzbischof. 1855 erfolgte der Grundstückskauf – ermöglicht durch die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Habsburgern und dem Osmanischen Reich. Kaiser Franz Joseph I. unterstützte diese Pläne stark, denn er war Kaiser von Österreich und König von Ungarn, und dem Titel nach auch König von Jerusalem.
Gründung & Konflikte um das Österreichisches Hospiz
Die Gründung des Hospizes sorgte zunächst für erhebliche Streitigkeiten zwischen den katholischen Mächten in Jerusalem. Streit herrschte vor allem darüber, wer das Haus leiten solle – der lateinische Patriarch oder österreichische Franziskaner. Der Patriarch drohte sogar mit Gewalt im Namen Jesu. Nach zahlreichen Intrigen übergab man das "Österreichische Hospiz zur Heiligen Familie in Jerusalem" (so der formelle Name) schließlich der staatlichen Obhut Österreichs. Finanziert wurde es durch Spenden und Kirchenkollekten.
Bau und Eröffnung
Rund 3000 arabische Arbeiter schafften Baumaterial und Aushub durch die engen Gassen Jerusalems – zeitweise war Österreich der größte Arbeitgeber der Stadt Jerusalem. Die Eröffnung erfolgte im März 1863, womit das Österreichische Hospiz das älteste Pilgerhaus im Heiligen Land ist. Allerdings uferten die Kosten aus, und es wurden Abstriche beim Bau notwendig – dadurch entstand ein Teil des Gartens.
Kaiserbesuch 1869 & Kaiser Wilhelm II
Nach der Einweihung des Suezkanals in Ägypten besuchte Kaiser Franz Joseph Jerusalem. Das eigens aus Konstantinopel gelieferte Geschirr und die Betreuung durch die Diener des Sultans beeindruckten ihn. In einem Brief an Kaiserin Elisabeth, der "Sissi", lobte der "Franzerl" explizit die sauberen Zimmer.
Seit dem Ende der Kreuzfahrerzeit - Ende des 13. Jahrhunderts - war dies der erste Besuch eines europäischen Monarchen. Pilger und Touristen strömten ins Heilige Land und eine regelrechte Tourismuslawine begann.
In den Fluren des Hospizes dokumentieren heute zahlreiche Bilder und Berichte die Besuche prominenter Gäste: Könige, Fürsten und anderer Adliger, Staatsoberhäupter und Politiker, Bischöfe und Geistliche. Nur der deutsche Kaiser Wilhelm II. blieb dem Österreichischen Hospiz 1898 fern – trotz einer Woche Aufenthalt in Jerusalem. Darf ich den deutschen Kaiser einen „Piefke“ nennen?
Zwischen 1900 und dem Ersten Weltkrieg
Um 1900 trafen Schwestern des Hl. Karl Borromäus Ordens ein, und ein Schwesternhaus wurde für sie erbaut.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 endete die Pilgerwelle, denn es wurde auch in Jerusalem gekämpft. Das Hospiz wurde zum Treffpunkt für deutsche und österreichisch-ungarische Militärs. Die Briten nahmen Jerusalem 1917 fast kampflos ein, und nutzten ab 1918 das Österreichische Hospiz als anglikanisches Waisenhaus für christlich-syrische Kinder. Ein Jahr später wurde es an das österreichische Kuratorium zurückgegeben.
Mit dem Zerfall der Donaumonarchie machten Ungarn, die Tschechoslowakei und Slowenien Besitzansprüche am Hospiz geltend. In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen wurden die Zimmer an britische Offiziere und an ein paar Abenteurer und Entdecker vermietet.
Zweiter Weltkrieg bis zur Staatsgründung Israel
1939 beschlagnahmten die Briten das Hospiz, da sie es aufgrund des Anschlusses Österreichs als deutsches Eigentum ansahen. Es wurde zum Internierungslager für österreichische, deutsche und italienische Priester und Ordensleute. Zwischen 1945 und 1947 nutzten die Briten den Ort als eine Offiziersschule, in der auch der spätere israelische Außenminister Abba Eban unterrichtete.
Als die Briten sich im Januar 1948 aus der Altstadt zurückzogen, übernahm das Rote Kreuz die Verwaltung des Österreichischen Hospizes und nutzte es als Feldlazarett.
Während des israelischen Unabhängigkeitskrieges von 1948 wurden die Gebäude beschädigt. Nach dem Waffenstillstand beschlagnahmte die jordanische Armee das Hospiz und nutzte es als Krankenhaus, nachdem die gesamte Altstadt in jordanische Hände gefallen war. Österreichische Ordensschwestern arbeiteten unter jordanischer Verwaltung weiter.
Jordanien und Israel
Im Jahr 1951 besuchte König Abdallah I. von Jordanien Jerusalem. Auf dem Tempelberg, vor der Al-Aqsa-Moschee, verübte ein Palästinenser einen Mordanschlag auf den König. Der Monarch wurde ins nächstgelegene Krankenhaus gebracht – das Österreichische Hospiz, wo er dann kurze Zeit später verstarb im Beisein seines Enkels Hussein. 1961, inzwischen schon König Hussein, besuchte er den Ort, an dem sein Großvater verstarb.
Im Sechs-Tage-Krieg 1967 kam das Hospiz unter israelische Kontrolle. Die Araber wollten es als Krankenhaus fortführen, Israel wollte das Krankenhaus schließen, und Österreich forderte die Rückgabe um es als Pilgerhospiz nutzen. Erst 1985 wurde das Krankenhaus endlich geschlossen, und das Hospiz an die Wiener Erzdiözese zurückgegeben. Drei Jahre später - nach einer aufwendigen Renovierung - wurde das Haus endlich wieder zum Pilgerhospiz.
Das Österreichische Hospiz heute
Eine unscheinbare Fassade, mit einem noch unscheinbareren Schild neben einer massiven Holztür: Hinter ihr bleiben die Hektik der Altstadt und ihre Konflikte zurück. Nachdem man um die 20 Treppenstufen hinaufgestiegen ist, erwartet ein Garten vor dem Eingang den Besucher. Hier gibt es eine Möglichkeit zur Begegnung zwischen den ethnischen und religiösen Konfliktparteien Jerusalems auf neutralem österreichischen Boden.
Kapelle & Salon
Die Kapelle hinter der Rezeption lädt Pilger und Besucher gleichermaßen zum Gebet und zur Messe ein. Der Salon im ersten Stock – früher Speisesaal, heute Kulturraum für Vorträge und kleine Konzerte – beherbergt eine Bibliothek und beeindruckt mit historischer prachtvollen Deckengestaltung.
Terrasse
Die „Schwester-Bernadette-Terrasse“ auf dem Dach, benannt nach der langjährigen guten Seele des Hauses - der Schwester Bernadette, eröffnet einen der schönsten Blicke über das moslemische Viertel: Kirchen, Moscheen, Synagogen, die Stadtmauer, enge Gassen und dicht gedrängte Wohnhäuser. Und die Flagge Östereichs weht über dem dem moslemischen Viertel der Altstadt, neben dem Steinkreuz mit der Inschrift „gespendet von der österreichischen Statthalterei des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem“.
Übernachtung
Selbstverständlich können Pilger, und auch nicht so religiös orientierte Besucher, hinter den alten und historischen Mauern übernachten, buchbar direkt unter Austrian Hospice. Ein Deutschsprachige Betreuung und den Wiener Dialekt inklusive.
Café Triest
Das einzige Wiener Kaffeehaus im gesamten Nahen Osten war bis 1984 ein Röntgensaal, und im Jahr 2018 wurde es auf “Café Triest” getauft - in Erinnerung an den Ausgangspunkt der ersten Pilgerfahrten der ehemaligen k.u.k. Stadt Triest.
Ein nostalgisch-eleganter Raum mit leiser klassischer Musik, roten Polstergestühl, Kronleuchtern und im angrenzenden Kaiserstübl ein Porträt des „Kaiser Franzl“ - wie er hier liebevoll genannt wird. An der Theke gibt es Gösser Bier und original Meinl Kaffee - importiert aus Wien. Aber jetzt wird es kompliziert: Bestellt wird „Kleiner oder Großer Brauner“, „Melange“, „Einspänner“, "Fiaker", "Kapuziner" oder "Franziskaner" – nicht ein „Kännchen Kaffee oder eine Tasse Kaffee“.
Aber auch ein wenig internationaler Flair hat in den letzten Jahren Einzug gehalten: Der Apfelstrudel kann mit Euro, Dollar, Schekel und Kreditkarte bezahlt werden!
Und wer zwischen Sachertorte und einem Fiaker seine Postkarten geschrieben hat, kann diese an der Rezeption in den gelben Briefkasten der österreichischen Post einwerfen.
Vielen Dank fürs Lesen!
Gerne können wir im Rahmen einer Jerusalem Tour das Österreichische Hospiz besuchen. Und dann haben Sie haben die Qual der Wahl zwischen Sachertorte mit Melange, Wiener Schnitzel mit einem kalten Gösser Bier – oder doch lieber den Apfelstrudel mit Schlag und Kapuziner?
Vielen Dank fürs Lesen!








Wir haben für unsere Tage in Jerusalem das Österreichische Hospiz besuch und waren mit allem sehr zufrieden. Man ist mitten in der Altstad, mitten Auf der Via Dolorosa, zwischen Geschichte und Alltag. Der Blick vom Dach ist traumhaft. Alles ist zu Fuß gut zu erreichen. Sehr zu empfehlen!
Andrea und Tino Langecker aus Greifswald