Moderne Kunst in Jaffa entdecken
- Israel Reiseleiter
- 20. Apr.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. Mai
Wer Jaffa hört, denkt unweigerlich an den arabisch-orientalischen Charme, köstliches Essen, den historischen Hafen und die biblischen Erzählungen. Doch Jaffa birgt noch ein weiteres faszinierendes Kapitel: eine lebendige Szene moderner Kunst, die sich in Skulpturen aus Bronze und Stein manifestiert. Begleiten Sie mich auf einem Spaziergang durch die Altstadt, wo diese Kunstwerke zu entdecken sind.
Jaffa: Der Weg zur modernen Kunst
Die Altstadt Jaffas trug Anfang Juni 1936 eine schwere Narbe davon, als sie im Rahmen der Militäroperation "Anker" der britischen Mandatsregierung schwer beschädigt wurde, mit Dutzender zerstörter Häuser. Die Bombenangriffe hinterließen eine breite Schneise der Zerstörung, in der Form eines Ankers - daher der Name "Operation Anchor". Doch aus diesen Ruinen erwuchs in den 1960er Jahren eine neue Altstadt. Im Zuge des Wiederaufbaus und der Restaurierung ließen sich zahlreiche Künstler in Jaffa nieder und eröffneten ihre Ateliers – der Grundstein für die heutige zeitgenössische Kunstszene war gelegt.
Der schwebende Orangenbaum: Ein Symbol der Wiedergeburt
Das Werk "Orange Suspenda" des 1958 in Jerusalem geborenen Künstlers Ran Morin ist ein faszinierendes Beispiel für seine Spezialisierung auf lebende Bäume in der Kunst. Seit 1993 hängt dieser Orangenbaum, scheinbar ohne Wurzeln, in der Luft. Er wächst aus einem Samenkorn (das Gefäß), wird durch ein unauffälliges Tropfsystem bewässert und gedüngt, und trägt sogar Früchte.
Symbolisch erzählt dieses Kunstwerk von der Vertreibung der Jaffa-Orange aus ihrer natürlichen Umgebung, die dem Bau von Häusern und Straßen weichen musste. Gleichzeitig feiert es die Wiedergeburt Israels als Nation und den Triumph über einstiges Ödland, das sich in eine blühende landwirtschaftliche Gesellschaft entwickelte, und sich schließlich in die heutige High-Tech-Nation verwandelt hat.
Mehr über Ran Morins Baumprojekte: http://www.ranmorin.com/
Der lächelnde Wal: Eine biblische Geschichte mit Augenzwinkern
Diese Skulptur ruft unweigerlich die Geschichte des Propheten Jona und des Wals aus der jüdischen Bibel ins Gedächtnis (Jona 1-2). Jona, der vor seiner göttlichen Aufgabe fliehen wollte, nahm von Jaffa ein Schiff nach Tarshisch (Spanien) anstelle nach Nineveh (Irak). Doch der Herr sandte einen Sturm und einen großen Fisch, der Jona verschluckte. Nach drei Tagen und Nächten im Bauch des Fisches wurde Jona in Jaffa an Land gespien.
Ilana Goor, geboren 1936 in Tiberias, kehrte nach Jahren in den USA, wo sie ihre künstlerische Karriere begann, 1995 nach Jaffa zurück. Hier gründete sie ihr Museum und Studio in dem ehemaligen jüdischen Pilgerhospiz aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Ihre Skulptur des lächelnden Wals aus demselben Jahr spiegelt das glückliche Ende der biblischen Erzählung wider – der Wal ist alles andere als traurig und lächelt zufrieden vor sich hin.
Entdecken Sie Ilana Goors Welt: https://www.ilanagoormuseum.org/en/
Meeresbrise: Eine Hommage an die ständige Brise
Der weniger bekannte Maler und Bildhauer Andre Revesz schuf diese Steinskulptur einer Frau mit ihrem Kind als Sinnbild für die unaufhörliche Meeresbrise des Mittelmeers.
Revesz (1912-1999) wurde in Transsylvanien (heutiges Rumänien) geboren und studierte Kunst in Budapest Kunst. Er erlitt einen unermesslichen Verlust, als seine Eltern, Geschwister, seine Frau und Kind in Auschwitz ermordet wurden. 1959 wanderte Andre Revesz nach Israel ein und eröffnete 1971 sein Studio in Jaffa. Die Webseite (leider nur auf Hebräisch) bietet mit zahlreichen Fotos seiner Werke einen Einblick in sein Schaffen: https://andrerevesz.wixsite.com/andre-site
Tor des Glaubens: Biblische Geschichte in Stein gehauen
Die wohl bekannteste Skulptur Jaffas ist das 1971 von Daniel Kafri geschaffene "Tor des Glaubens", das auf dem höchsten Punkt Jaffas thront. Von hier aus bietet sich ein erstklassiger Blick auf die St. Petrus Kirche und die moderne Metropole Tel Aviv.
Das Werk erzählt in drei Abschnitten Schlüsselszenen der jüdischen Bibel über den Weg der Israeliten in das verheißende Land:
Nördliche Vertikale: Die Geschichte der Bindung Isaaks durch Abraham (1. Mose 22,1-19).
Südliche Vertikale: Jakobs Traum von der Himmelsleiter (1. Mose 28,10-12).
Horizontale: Die Priester mit der Bundeslade auf der einen Seite und die Israeliten mit ihren Schofars während der Schlacht von Jericho (Josua 6) auf der anderen Seite.
Daniel Kafri wurde kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 in der Tschechoslowakei geboren. Seine zahlreichen Werke in Israel machen ihn zu einer Art „nationalen“ Künstler. Vor Jahren wurde Kafri streng-religiös, blieb aber unverändert aktiv und kreativ bis zu seinem Tod im Jahr 2024.
Mehr über Daniel Kafri und seine Werke: https://www.daniel-kafri.com
In Gedenken
Matanya Abramson wurde 1920 als Kind russischer Immigranten in der Moshawa Kinneret am See Genezareth geboren. In den sechziger Jahren ging Abramson nach Italien, und nach seiner Rückkehr gründete er 1965 als einer der ersten Künstler ein Studio in Jaffa, das er bis zu seinem Tod 2004 betrieb. Er gilt als ein wichtiger Pionier der lokalen Kunstszene.
Brunnen der Sternzeichen: Zwischen Mythos und Moderne
Dieser 2011 entstandene Brunnen der Künstler Varda Ghivoli (geb. 1947) und Ilan Gelber (geb. 1951) erinnert an die Tatsache, dass die Gassen der Altstadt heute die Namen der Sternzeichen tragen. Interessanterweise wurden bei archäologischen Ausgrabungen an genau dieser Stelle Reste eines alten "Glücksbrunnens" gefunden, in den Vorbeikommende eine Münze warfen damit ihre Wünsche erfüllt wurden. Die Kalksteinfiguren des modernen Brunnens interpretieren die Tierkreiszeichen auf humorvolle Weise – der Stier ähnelt einem Nilpferd, ein weiblicher Skorpion, ein treues Schaf als Widder, ein Wassermann mit markanter jüdischer Nase und eine Jungfrau mit einem mürrischen Gesichtsausdruck laden zum Schmunzeln ein.
Ewige Jugend: Der unvergängliche Traum
Die Bronzeskulptur "Ewige Jugend" von Eli Ilan (1928-1982) verkörpert einen zeitlosen menschlichen Wunsch. Der in Winnipeg, Kanada, geborene Ilan wanderte zur Staatsgründung Israels ein und lebte später in einem Kibbutz in Galiläa. Diese Skulptur schuf er drei Jahre vor seinem Tod.
Kunst außerhalb der Altstadt: Ein Abstecher zur Promenade
Nicht mehr in der Altstadt von Jaffa, aber unweit an der Mittelmeerpromenade, stehen zwei weitere interessante Kunstwerke. Auch außerhalb der Altstadt Jaffas, an der Mittelmeerpromenade, warten weitere Kunstwerke darauf, entdeckt zu werden:
Frau im Wind: Eine moderne Nike in Jaffa
Ilana Goor schuf diese Bronzearbeit im Jahr 1972. Inspiriert von der griechischen Siegesgöttin Nike, die sich ihren Weg durch den von männlichen Göttern dominierten Olymp bahnt, symbolisiert die Skulptur den mutigen Weg der Künstlerin selbst in der Gesellschaft und in der Kunst, sowie vieler anderer starker Frauen in der Bibel und im modernen Staat Israel.
Mehr über Ilana Goor: https://www.ilanagoormuseum.org/en
Denkmal der Rettung: Ein Dank an Bulgarien
Dieses 2018 errichtete Denkmal von Momchil Tsvetkov erinnert an die historisch bedeutende Rettung der bulgarischen Juden vor dem Holocaust im Jahr 1943. Es ist identisch mit einem Denkmal in Sofia und würdigt den herrausragenden Mut und das Gewissen der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche, prominenter bulgarischer Politiker und Persönlichkeiten, sowie der bulgarischen Bürger, die die Deportation von 48.000 Juden nach Treblinka verhinderten.
Entdecken Sie mehr: Galerien zeitgenössischer Kunst in Jaffa
Neben diesen Skulpturen beherbergt Jaffa auch eine Vielzahl erstklassiger Galerien zeitgenössischer Kunst. Es lohnt sich also, auf Entdeckungstour zu gehen und vielleicht das ein oder andere einzigartige Kunstwerk zu finden.
Neugierig auf mehr? Vielleicht interessieren Sie sich auch für meine Tel Aviv und Jerusalem Touren
Kommentare